Fehmarnbelt-Urteil : Planerhalt über alles?

Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung e.V.

Pressemitteilung

+++ Fehmarnbelt-Urteil +++ rechtliche Angreifbarkeit +++ Aushöhlung Verbandsklagerecht +++ Verstoß gegenGG +++
Fehmarnbelt-Urteil : Planerhalt über alles?

Fehmarn/Leipzig • Der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat am 3. November alle Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Bau des Fehmarnbelttunnels abgewiesen. Es hat damit, und sehr überraschend, ein für zukünftige Infrastrukturprojekte „wegweisendes“ Urteil gefällt.

Das Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung stuft dieses Urteil als höchst besorgniserregend ein. Dies schon allein, weil letzteres Artenschutz- und Umweltrecht noch rigoroser als zuvor dem Planerhalt – sprich dem  Bestand des Planfeststellungsbeschlusses – unterwirft.  Das Gericht verfestigt damit nicht nur seine seit der Jahrtausendwende geänderte  Rechtsprechung, in der die zuvor gängige Aufhebung von erheblich fehlerhaften Planfeststellungsbeschlüssen kaum noch eine Rolle spielte.

Das Gericht geht mit seinem vorliegenden Urteil gegenüber seiner in den letzten beiden Jahrzehnten praktizierten und auf Fehlerheilung zielenden Rechtsprechung offenbar noch einen Schritt weiter: Es will hiermit und für die Zukunft umweltrechtliche Verbandsklagen von vornherein erfolglos machen. Es überlässt zukünftig den Vorhabenträgern, welche technischen und wissenschaftlichen Qualitätsstandards sie ihren Planungen zugrunde legen. Nichts anderes hat der 9. Senat getan, indem er den dänischen Vorhabenträger ob der „hohen“ Güte seiner Planung und der verwendeten Methoden lobte. Mit den Worten „Femern A/S hat keine Fehler gemacht“  sowie der Hervorhebung „methodisch ordnungsgemäßem Vorgehens“  attestiert der Senat dem Vorhabenträger eine durchweg gegebene Makellosigkeit seiner Planung.  

Für die Kläger und deren mit der Unterlagenprüfung betrauten Fachleute sowie Wissenschaftler klingt dieses Lob jedoch wie blanker Hohn. Aufgrund ihrer eingehenden Analysen teilen sie diese richterliche Wertung in keiner Weise. Mit entsprechender Spannung und erheblicher Skepsis sehen sie deswegen der schriftlichen Urteilsbegründung entgegen.

Das Urteil des 9. Senats erklärt den völkerrechtlichen Staatsvertrag zwischen Dänemark und Deutschland zum unantastbaren rechtlichen Fundament für das Gesamtvorhaben Feste Fehmarnbeltquerung und die damit verbundenen Investitionen. Geht es aber um Umweltschutz, und hier insbesondere um die Stärkung des Umweltrechts durch Verbandsklagerecht, kommt das Völkerrecht beim Bundesverwaltungsgericht unter die Räder.

Der 9. Senat ist nun gefordert, in seiner schriftlichen Urteilsbegründung die Irrelevanz all der von ihm bagatellisierten Klagepunkte überzeugend nachzuweisen. Bis das schriftliche Urteil vorliegt, dürften einige Monate verstreichen.

Mit dem vorliegenden Urteil reduziert das Gericht die Effizienz des deutschen Verbandsklagerechts ganz enorm. Letzteres beruht jedoch auf europarechtlicher Grundlage. Die Zulässigkeit dieser Aushöhlung ist deswegen auf Vereinbarkeit mit dem Europarecht und letztlich auch der Aarhus-Konvention zu prüfen. Diese Problematik hat das Aktionsbündnis auch  mehrfach in seiner Klagebegründung angesprochen. Das Bundesverwaltungsgericht hätte solche Fragen nicht ohne Anrufung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)  im Vorabentscheidungsverfahren entscheiden dürfen. Damit hat das Gericht dem Aktionsbündnis den „gesetzlichen Richter“ entzogen, denn der EuGH ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der gesetzliche Richter im Sinne von Artikel 101, Absatz 2 des Grundgesetzes. Diesen Verstoß wird das Aktionsbündnis mit der Verfassungsbeschwerde angreifen. Gleiches gilt zudem für weitere europarechtliche Fragen, die das Aktionsbündnis im Klageverfahren aufgegriffen hat.

Beschwerden bei den Sekretariaten von völkerrechtlichen Konventionen bieten weitere Handlungsoptionen zur Korrektur des vorliegenden Urteils. So kann das Aktionsbündnis beim UNECE-Komitee der Aarhus-Konvention eine Beschwerde zur mangelhaften Anwendung der Aarhus-Konvention durch das Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Verbandsklage erheben.

Ferner darf laut ESPOO-Konvention keine Baugenehmigung per Gesetz erteilt werden. Insofern verstößt das dänische Baugesetz für die Feste Fehmarnbeltquerung gegen diesen völkerrechtlichen Vertrag. Hier käme zumindest eine Beschwerde beim ESPOO-Komitee verbunden mit der Bitte einer Prüfung in Frage.

Das jetzt seitens des Bundesverwaltungsgerichts gefällte Urteil ist also keineswegs geeignet, den Planerhalt wie angestrebt zu zementieren.

Hendrick Kerlen

Vorsitzender

Aktionsbündnis gegen eine

feste Fehmarnbeltquerung e.V.

Tel. 04372-1255

www. beltquerung.info