Gesetzesvorhaben für Planungs- und Baubeschleunigung ein Rohrkrepierer

+++ Koalitionsvertrag +++ Planungs- und Baubeschleunigung +++ Unnötiges Gesetzesvorhaben +++ Beschneidung der Öffentlichkeitsbeteiligung +++ Stärkung der Genehmigungsbehörden +++ Nichteinmischung der Regierenden +++

Planungsbeschleunigung und Bürgerbeteiligung

Der Koalitionsvertrag der GroKo strebt deutliche Verbesserungen bei der Umsetzung von Projekten in den Bereichen Verkehr, Infrastruktur, Energie und Wohnen. Ein wahrlich löbliches Ziel! Ob die GroKo dazu ein neues Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz braucht, kann jedoch bezweifelt werden. Durch frühzeitige Bürgerbeteiligung, weniger Bürokratie und effizienteren Personaleinsatz will die neue Regierung Projekte schneller planen und bauen. Planungen und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt werden, indem Widerstände der Bevölkerung gegen Projekte durch frühe, breite Bürgerbeteiligung vor allem bei der Vorplanung abgebaut, besser noch völlig beseitigen werden. Wesentlich schneller sollen sodann die eigentlichen Genehmigungsplanungen und die entscheidenden behördlichen Genehmigungsverfahren ablaufen. Dies will die GroKo durch Beschneidung der Mitwirkungsrechte der Bürger erreichen. Dazu will sie wieder zu einer verschärften Fristenregelung bei Einwendungen und Klagen zurückkehren. Konsequenz: Den Bürgern und Verbänden bleibt weniger Zeit zum Prüfen der Planungen und zum Verfassen entsprechender Einwendungen gegen Mängel. Wie die Vergangenheit zeigt, ist eine großzügige Fristenregelung bei Großprojekten jedoch unerlässlich.

Nach Ansicht des Aktionsbündnisses gegen eine feste Fehmarnbeltquerung sei die in der Vorplanungsphase gewährte „umfassende“ Bürgerbeteiligung reine Augenwischerei. Es sei zu erwarten, dass die von den Bürgern in dieser Planungsphase mit den Vorhabenträgern ausgehandelten Zugeständnisse weitgehend unverbindlich bleiben. Letztere könnten die Vorhabenträger im Verlauf ihrer anschließenden Genehmigungsplanung beliebig mit dem Hinweis auf nachträglich festgestellte Sachzwänge abändern. Und dies wohlwissend, dass die so getäuschte Öffentlichkeit (Bürger, Verbände) im Genehmigungsverfahren zu wenig Zeit für umfangreiche Einwendungen hätte.

„Ein neues Planungs- und Baugesetz, mit dem die Kontrollfunktion der Bürger und Umweltverbände gegenüber den Vorhabenträgern und Genehmigungsbehörden ausgehebelt werden soll, wird ein Rohrkrepierer,“ prophezeit Hendrick Kerlen, Vorsitzender des Aktionsbündnisses mit dem Argument: „Dann können unsere Politiker bei den Genehmigungsverfahren das Prinzip der ‚Gründlichkeit vor Schnelligkeit‘ wieder auf den Kopf stellen – Flughafen BER, Stuttgart 21 und andere Großprojekte lassen mit viel Murks grüßen“. Die Beschleunigungsgesetzgebung seit den 1990er Jahren habe sich im Ergebnis als kontraproduktiv erwiesen. Das Gesetzesvorhaben der GroKo werde schon allein an den rechtlichen Vorgaben der EU und am Aarhus-Abkommen (völkerrechtlicher Vertrag) scheitern, weil letztere einer Beschneidung der Mitwirkungsrechte von Bürgern und Verbänden entgegenstehen. In Zeiten, in denen der Sinn der EU von den Bürgern immer skeptischer gesehen werde, verbiete es sich, eines der wenigen konsequent bürger- und umweltfreundlichen Regelungssysteme abschaffen zu wollen. „Planungsbeschleunigung erfordert kein neues Gesetz, sondern nur die resolute Anwendung des auf nationaler und EU-Ebene bestehenden Rechtsrahmens für die Genehmigungsverfahren“, so Kerlen. Das erfordere aber vor allem, dass die Regierenden die rechtlich vorgeschriebene Unabhängigkeit der Genehmigungsbehörden im Entscheidungsprozess konsequent respektieren und stärken. Und daran hapere es ganz offensichtlich aufgrund falschem politischen Ehrgeiz, möglichst schnell mit tollen Projekten glänzen zu können.

Hendrick Kerlen

Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung e.V.

Westermarkelsdorf 12A

23769 Fehmarn

Tel. 04372-125